Wir haben Familiengottesdienst gefeiert. Der zweite, seit wir die Familiengottesdienste wieder gestartet haben, und diesmal in Brüggen. Auch dieses Mal haben wir das Thema durch Kinderbibelsamstage und Kindergottesdienste zum Abschluss im Familiengottesdienst mitgenommen: „Wir sitzen alle in einem Boot!“, damit waren wir gestartet und haben uns an den Kinderbibelsamstagen und in den Kindergottesdiensten biblische Erzählungen angeschaut, in denen Boote, Schiffe, Flüsse, Seen und Meere vorkommen; davon gibt es in der Bibel wahrlich genügend. Von Noahs Arche über den kleinen Mose im Körbchen auf dem Nil hin zu Jona im Bauch des großen Fisches … es gäbe noch viele mehr.

Dieses Thema fanden somit unsere Besucherinnen & Besucher am Sonntag in der Kulisse vor: der Altarstisch war einer Bühne mit Wasser und Boot gewichen, auf der wir die Gottesdienstbesucher, Kinder, Eltern, Großeltern, Freunde und Bekannte mit in unsere Geschichten nehmen wollten.

Den Auftakt bildete ein kleines Stück von unseren Teamenden Vanessa & Arthur und mir. Wir waren im Boot unterwegs, hatten die Orientierung verloren und gerieten in Streit darüber, wo es nun lang gehe, welchen Weg wir einschlagen sollten. Auf diese Weise aber geht es weder vor noch zurück, so ein Boot lenkt sich nur gemeinsam, das wurde dort deutlich. Wir meinen oft, wir seien „alleine“ oder allenfalls mit dem engsten Kreis unterwegs in diesem Leben und verkennen dabei, dass wir immer eingebunden sind in ein großes Miteinander aus zahlreichen Menschen und Charakteren (jenen, mit denen wir „besser können“ und auch jenen, mit denen es uns schwerer fällt umzugehen). Hat man den gemeinsamen Weg im Blick, kann man auch mal falsch abbiegen, man hat aber einander und kommt gemeinsam wieder zurück; schlägt man sich ganz alleine durch oder will seinen Willen gegen die anderen ohne Rücksicht durchsetzen, wird man es wohl nicht weit schaffen und vor allem auch andere in Mitleidenschaft ziehen. Dieses Thema ist leider ganz aktuell und präsent. Nachdem wir uns beruhigt und auf den gemeinsamen Weg besonnen hatten, fanden wir den richtigen Pfad, den von Büschen verdeckten Flusslauf, der uns weiterbrachte auf unserer Bootsfahrt.

Das ist es, wozu wir Menschen miteinander aufgefordert sind. Das nimmt uns niemand ab, auch Gott nicht. Er hat uns in diese Welt gegeben, damit wir uns umeinander und um diese Welt kümmern; er nimmt uns ernst und gibt diese Verantwortung in unsere Obhut, sie kann nicht durch Vorwürfe und die berühmte Theodizee-Frage auf irgendwelche Leute und auf Gott abgewälzt werden.

Es gibt aber auch das Andere: Stürme und Krisen in unserem Leben, denen wir aus uns selbst nicht mehr gewachsen sind, in denen selbst unsere Erfahrung und Kraft ermüden oder das Unglück so rasant über uns kommt, dass wir es selbst mit dem, was Gott uns gegeben hat, nicht zu bewältigen schaffen. Dies bildete das zweite Hauptstück des Gottesdienstes in der Predigt. Teamer Robin und ich waren Petrus und Matthäus; wir waren auf dem See Genezareth vor fast 2000 Jahren. Sturm kommt auf, Wind und Wellen bedrohen unsere Mannschaft. Petrus (Robin), ein erfahrener Fischer, lässt sich erstmal nicht aus der Ruhe bringen, er kennt die Witterungen auf den Gewässern; Matthäus (ich), ehemaliger Zöllner, ist da nicht so entspannt, sondern bereits ziemlich besorgt, kaum dass es düster wird am Horizont.

Sehr bald wird die Bedrängnis jedoch immer gefährlicher und auch der erfahrene Petrus wird unsicher. Was man selbst tun konnte (die Segel einholen, um dem Wind Angriffsfläche zu nehmen), hat man getan, doch jetzt hat man keine eigene Macht mehr über die Lage. Wo ist Jesus währenddessen? Er schläft hinten. Die Erzählung von der „Stillung des Sturms“ (Matthäus 8,23-27) ist ein wunderbares Gleichnis und Lehrstück auf solche Krisenzeiten des menschlichen Lebens. Pastor Bernd Mackscheidt führte uns als „Kommentator“ der einzelnen Szenen durch seine Predigt hindurch.

Wie unterschiedlich gehen Menschen mit den Anforderungen und Belastungen des Lebens um, je nachdem, ob man in einer Situation erfahren ist wie Petrus in unserem Stück. In anderen Situationen wäre ein Petrus unsicherer gewesen und ein Matthäus viel souveräner; man täusche sich nicht über die Fähigkeiten und das Auftreten eines Menschen, das kann je nach Situation ganz unterschiedlich sein! Doch hier in der Erzählung bricht etwas über die gesamte Mannschaft herein, worüber sie keine Gewalt mehr haben. Ihr Herr und Meister, Jesus, ist anwesend, aber er schläft. Wie oft geht es uns so, dass wir meinen, Gott schlafe, nehme unsere Not nicht wahr, habe uns gar verlassen oder manche ziehen sogar den Schluss, dass Er gar nicht da sei und dass es ihn nicht gebe. Wir sollen Ihn „wecken“ wie es die Jünger dann taten. Wir sollen Ihn ansprechen (Gebet nennen wir das), wir sollen Ihn „brauchen wollen“. Wenn wir keinerlei Empfinden und keinerlei Verlangen darnach haben, mit Ihm in Kontakt zu treten, dann können wir Ihn nicht als lebendigen Weggefährten wahrnehmen und erkennen; das geht gar nicht. Und wer Ihn als solchen kennt, der erzählt anderen Menschen davon. „Deshalb erzählt von Ihm!“, rief Pastor Mackscheidt uns ins Gedächtnis.

Petrus und Matthäus nahmen sich das zu Herzen: wir gingen Jesus wecken, den, der still und ruhig hinten im Boot lag, aber die ganze Zeit bei uns war. Und dass Petrus und Matthäus fernerhin von Gott und Jesus erzählt haben, das wissen wir ja, es gehört mit zur Bibel. Wind und Sturm machte Jesus so ruhig wie seinen Schlaf kurz zuvor, alles wurde besänftigt, die Winde ließen nach und die Wellen legten sich. Möge dies euch und Ihnen auch so gehen im Leben, wenn mal schwere Stürme und Unwetter toben.

Wir ließen den Mittag beim Grillen ausklingen und hatten noch eine richtig schöne Zeit und gute Stimmung. Mir bleibt noch ein herzliches Dankeschön an alle, die mitgewirkt und mitgeholfen haben (Barbara, Vanessa, Andre, Arthur & Robin), vor allem an jene, die immer so unbemerkt im Hintergrund arbeiten und noch da sind, wenn alle anderen längst gegangen sind: Maria, Katharina und Alexander.

Simon Fischer

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